An scheinbar leblosen Materialien das Lebendige zu fördern" - und "in verständliche Bilder umzusetzen, was abstrakte Worte nicht beschreiben können"... Einfach klingende Sätze, mit denen sich E.A. Langenberg hohe Ziele setzt. Er sagt damit nichts Geringeres, als daß er den Materialien - der Materie - ihre Leblosigkeit nicht glaubt und daß er dies mit seiner Kunst besser verdeutlichen könne als Worte es vermögen.

Gelingt ihm dies?

Schauen wir uns als Beispiel den "Fabelfisch mit Reiter" an. Ein verwunschenes Wesen aus Stein und patinierter Bronze, auf dem ein metallenes Menschlein hockt. Fest auf vier Beinen stehend drängen beide dennoch unübersehbar nach vorn. Assoziationen stellen sich ein: Der Fabelfisch könnte ein Bein heben und tatsächlich einen Schritt nach vorn tun - Metall ist biegsam, Stein nicht. Er könnte auch ein Elefant sein, den sein Treiber durch den Urwald lenkt.

In ein "verständliches Bild umgesetzt" ist hier auch die Rückführung des Menschen auf Menschenmaß. Langenberg zeigt den Menschen an sich, die Kreatur Mensch, bevor sie durch ihre Erfindungsgabe ihre Kräfte derart vergrößerte, daß sie Tonnen spielend leicht heben, in 50 Minuten von Köln nach München sich bewegen, in Sekundenbruchteilen Städte zerstören konnte. Er bringt Mensch und Natur wieder in eine Relation der Gleichberechtigung. Ein romantischer Traum? Wer weiß einen besseren, dem Menschen seine Bedrohlichkeit zu nehmen?

Der "lebendige" Fabelfisch steht auf einem unbearbeiteten, also noch "toten" Sockel, der aber die Farben des Fisch-Steins und -Metalls aufgenommen hat, als warte er nur darauf, ebenfalls zum Leben erweckt zu werden.

 

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Fabelfisch mit Reiter in Stein-Bronze-Mischtechnik - Privatbesitz



Wir haben also nichts anderes vor uns als das, was Langenberg als die eigene Sehweise seiner Kunst beschrieben hat: Seine "Plastiken als ‚Akteure' eines imaginären Theaters zu sehen, in dem objektive Wahrnehmungen und subjektive Empfindungen zu einer zweiten Wirklichkeit verschmelzen".

Unter den vielen möglichen Defini9tionen von Kunst ist mir dies eine besonders sympathische. Und wenn dieser Begriff von Kunst sich noch mit großen handwerklichen Fähigkeiten verbindet, dann ist das Ergebnis für den Kunstbetrachter und für den, der das taktile Erlebnis hat, diese Plastiken zu betasten, auf vielerlei Weise anregend.

Zum ästhetischen Genuß kommt die Aufforderung, sich zu einer Reise in ein metaphorisches Fabelreich einladen zu lassen; die ganz äußerliche Frage auch, wie hat er das gemacht; bis hin zur Heiterkeit, die viele dieser Plastiken auslösen. Langenberg ist beileibe nicht der Mann künstlerischer Gags. Aber er wäre auch nicht der Künstler für ein Kriegerdenkmal. Ich denke, damit ist die Heiterkeit, die ich meine, hinreichend eingeengt.

Einen Künstler wie Langenberg kann man sich nicht als "Großstadtpflanze" vorstellen. Seine Kunst und ihre Materialien kommen aus der Natur. Und in ihr lebt er auch.

1953 in Bremen geboren und aufgewachsen im eher kleinstädtischen Celle, zog er 1970 in das Dorf Gerressen im Rhein/Sieg-Kreis. 1978 begann er das Studium der Bildhauerei bei Professor Berger an der Fachhochschule Köln, das er 1992 mit dem Examen abschloß.

Langenberg lebt bewußt auf dem Lande, und er kann sich darin mit vielen Künstlern auch anderer Provenienz einig fühlen. Die Gefahr, die Verbindung zur Realität des Industriezeitalters zu verlieren, ist heute ohnehin nicht mehr gegeben. Im Gegenteil: auch auf dem Land ist man Bestandteil der allgemeinen Kommunikation, Nutzer modernster Techniken und der sie Erleidende. Selbst wenn der totale Rückzug beabsichtigt wäre, würde er kaum gelingen.

Langenbergs Refugium sind das Land, sein großer Garten, das alte Fachwerkhaus, seine Werkstatt. Atelier wäre der falsche Begriff für einen Raum, den man sich gut als Bühnenbild für Dr. Fausts Hexenküche vorstellen kann, in der er den Homunkulus erschuf.

Hier entstehen seine Fabelwesen und Ritter, seine Visionen einer aus den Fugen geratenen Welt, das aus vorgefundenen Materialien Weitergesponnene - Plastiken, die sich über das Auge ins Hirn einschleichen und dort seltsame Prozesse auslösen.

Es gibt Kunst, die erledigt sich bei enmaligem Hinsehen gewissermaßen von selbst. Langenbergs Plastiken sind beharrlich. Sie fordern den Betrachter - und Befühler - immer wieder von Neuem heraus. Sie haben das Zeug, zum Lebensbegleiter zu werden.

Das klingt Ihnen zu alltäglich?

Ja, ist denn Kunst erst Kunst auf dem Sockel im Museum?

Dr. H. Gollhardt
Verleger/ Köln

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